Das Ressort Entwicklungszusammenarbeit

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Anneke Speller, ehemalige Social Reporterin für Entwicklungszusammenarbeit.

Die Frage, was genau unter Entwicklungszusammenarbeit verstanden wird, beschäftigt mich bis heute und ich kann immer noch nicht sagen, eine genaue Antwort auf diese Frage gefunden zu haben. Um die Komplexität dieses Wortes zu erfassen, müssen vielen Menschen gegenüber zunächst Vorurteile und berechtigte Fakten aufgeklärt werden. 

Bevor ich 2015 meinen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst in Indien begann, stieß ich häufig auf die Schlagzeile „Egotrip ins Elend“. Hierbei ging es um die Infragestellung der Effektivität eines FSJ-lers, der nur mit seiner Hochschulreife ausgestattet in den „Armen Ländern jenseits des Westens“ den Anschein erwecke die Welt zu retten und dabei auch noch sich selbst zu finden. Diese Reflexion beschäftigte mich sehr und ich spielte sogar mit dem Gedanken mein FSJ nicht anzutreten. Ich machte mir also viele Gedanken über dieses Wort Entwicklungszusammenarbeit und nahm es nach und nach auseinander. Beinahe drei Jahre nach meiner Vorbereitung auf meinen Freiwilligendienst und mein anschließendes Ethnologie-Studium reflektiere ich erneut meine Zeit und Tätigkeit, aber auch der globalen und politischen Bedeutung dieses Begriffs.

Das Wort Entwicklungszusammenarbeit (kurz: EZ) lässt sich aufteilen in ENTWICKLUNG, ZUSAMMEN und ARBEIT. Und doch wurden diese drei Komponenten in einem Wort zusammengefasst. Die Wörter einzeln zu definieren fällt mir persönlich etwas leichter.

Dieser schwierige Begriff „ENTWICKLUNG“: Entwicklung ist nicht unbedingt mit der Bedeutung von Fortschritt gleichzusetzen, auch wenn dies eine ideale Vorstellung ist. Doch ist eine Entwicklung immer das Zurücklassen der davor herrschenden Zustände und der Anfang von etwas Neuem. Im Falle der EZ ist hier das Bessere, Effektivere und für alle Beteiligten das Wohlste und Gerechteste von Bedeutung. Ein Fortschreiten zur Chancengleichheit.

Das Wort „ZUSAMMEN“ ist hier das wohl Wichtigste, denn es wurde nach vielen politischen Diskursen erst in das Wörtchen Entwicklungsarbeit eingefügt. Es geht also nicht darum, den „Armen Menschen“ im globalen Süden mit Geldern den westlichen Lebensstil aufzuzwingen und ihnen eine Vorstellung vom Kapitalismus als erstrebenswertes Ziel ihrer bestehenden Ordnung auf die Nase zu binden. Die so genannte „Hilfe zur Selbsthilfe“ funktioniert mit dem westlichen Blick und dessen Werte und Normen auf eine kulturell anders entstandene Gruppe von Menschen einfach nicht. Das Zusammen ist hier der entscheidende Punkt. Denn ohne beide Seiten zu berücksichtigen, scheitert das gesamte Konzept.

Zuletzt steht da noch das Wort „ARBEIT“. Arbeit ist für mich der Prozess den es braucht, um das Konzept umzusetzen. Dabei steht nicht finanzielle Unterstützung und Abhängigkeit im Vordergrund, oder gar die physische Umsetzung gewisser Projekte. Es ist zunächst ein Denkprozess der geschehen muss, insbesondere die Aufarbeitung, manche nennen es auch Entschädigung oder Sühne. Eine Art von Pflicht die es von westlichen Ländern gegenüber anderen zu beweisen gilt. Das Bewusstsein von Schuld im Bezug auf die Kolonialzeit, aber auch auf den heutigen Neo-Kolonialismus und unser aller alltägliches Konsumbewusstsein. Nachhaltiges und ethisch korrektes Bewusstsein zu entwickeln und dieses in Arbeit und Handeln umzusetzen.

Der Begriff Entwicklungszusammenarbeit fängt also schon beim Individuum an, wird größer und weitläufiger in der Umsetzung von Initiativen und idealerweise würde er so auch auf politischer und globaler Ebene funktionieren.

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